WEIHNACHTEN - WANN UND WO?
Wenn du Ich sagst um deine Waffen selbst zu verschenken
Wenn du zu singen anhebst und dich wunderst über dein Sorgen
Wenn du Kind wirst indem du über dich wächst
Wenn du hoffen kannst wo dich eben die Angst noch befiel
Dann ist es.
Wo du Licht schaust in deinen tieferen Dunkelheiten
Wo deine Armut gesteht und sich ihr Reichtum enthüllt
Wo du aufhorchend singen hörst aus dem Abgrund all deines Widersinns
Wo dein Schmerz die Kraft deiner Anbetung wird
Dort ist Er dann.
(1968)
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ADVENTSPSALM
Lied des Ich vorweihnachts
Du baue ich ewiges Du baue ich fortwährend Mauern?
Grabkammern meines ewigen Ich und Ich aus Angst und Stolz.
An Lichtfestern wach ich noch schaue aus diese Nacht
eine sinnende Insel aufs Meer und ich höre es rufen:
Komm Du - unheimlich Heimlicher Störer Du meiner Kreise
Durch die vielen Gesichter Ruf meiner Brüder und Deiner: Komm
Besser ganz überflutet von Du was immer Du birgst
Als Sternensteinöder und Ich – die Nacht ohne Weihe.
(1970)
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EMMAUS
„Da gingen ihnen die Augen auf und sie erkannten ihn" (Lukas 24, 31).
Vieles siehst du zum ersten Mal indem du's zum letzten Mal siehst. Aber das meiste beginnst du zu fassen ist es erst offen unfasslich dem Zugriff entzogen unsern gehaltenen Augen.
Mag sein es glimmte schon damals in der verwelkten Hoffnung aber wie unter sengender Mittagssonne und kein Geist loderte auf bevor alles erlitten gemäß der Schrift und warum und wir erkannten einander nicht diesseits des Untergangs und sind noch unsrer nicht sicher ob ein erinnernd Geahntes der Geist uns berührt.
Aber manche erkennen in Augenblicken Ihn unverhofft ihre Trauer gestehend und sich auf Menschliches richtend beim Brechen des Brots.
(1970)
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EINE HOCHZEIT AM STROM
Und diese, von Hingang lebenden Dinge verstehn, dass du sie rühmst; vergänglich, traun sie ein Rettendes uns, den Vergänglichsten, zu. (R.M. Rilke, Neunte Duineser Elegie)
Zu sagen bleibt was an Dingen allein sich sagt
und sperrt sich nicht schwer gegen Worte im Gegenteil – es schwebt
und schwebt im Gegenteile den nichtssagend nichtigen Dingen wie Ort und Zeit wie
sagen wir damals und heute die alte Kirche am Strom wo man heute sang
unter Küssen die Ringe tauschte und schwieg – vor allen Dingen heute und dort am Strom.
(1970)
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KREUZ DER GEGENWART
Gegenwart selbst ist das Kreuz. Daran geht der Hoffnung der Atem aus. Deine Ideen sind nagelfest.
In deinen Sehnen sehnt es über erträgliches Maß – stets entgleitende Einheit deiner Gezeiten. Essiggestillt wird dein Durst.
Hohe Ehre tut man dir an hängt sie dir schriftlich über den Kopf die lautere Wahrheit das Unrecht selbst ruft sie aus und leiser deine Ehre.
Man rät dir Kraft zu gebrauchen und die Beziehung zu nutzen. Du aber musst bei der gnädigen Wahrheit bleiben: dass widerwissend sie Niegewusstes vollbringen.
Qual der Versuchung zuletzt: Wenn du die Wahrheit sagtest zerfiele sie dir und es entzieht sich dein Gott indem du ihn anrufst mit Namen für ihre Ohren.
Die Finsternis aller Sonnen sieht deinen Untergang und - verkündet dein Auferstehen noch ohne Gesang blüht die Rose von Liebe im Kreuz aus Gegenwart.
Vernunft über aller Vernunft.
(1970)
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LASST MICH
Lasst mich
meine Brüder
so holt ihr mich.
Unentrinnbar
unbezwingbar
eingeholt sind wir
von ewiger Liebe.
Schaffend
Lassen wir es geschehen.
Sie spricht
wo unsere Worte enden
in der Auferstehung des Ungesagten
ins ausgefaltete einige Leben.
(1970)
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EIN NEUJAHRSLIED
Die Klagen und Fragen ins Leere im Träumen im Wachen wohin?
Kein Haar fällt dir ungezählt kein Wort ungehörtes vor allen in Wachen und Traum
Denn du bist in Fülle wort- und antwortverschwendend unendlich endlich geliebt
(1971)
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MARTINSTAG
Deine Stimme von weither und glockenklar weckte den Sonnenaufgang über Nebel und Nachtsinn.
Ein Lied für den Tag. Die Zeit nimmt sich Zeit anbetet den Grund die Schmerzen geschiedener Sonnentage verklärt in Fackellichtern und Liebesliedern aus Kinderstimmen: wie Martin den Mantel teilte gegen den Frosttod.
Und deine Stimme teilte mit mir die Worte gegen den Frosttod.
(1972)
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NEUJAHRSSCHWEIGEN
Schweigen zu Neujahr durchs Telefon vor andern wo Worte zuviel vor uns wo Worte zuwenig.
Anbeten vor dem Ewigen das uns schuf wiederschuf woraus wir schöpfen werden jahrlang durch alle Erschöpfungen unerschöpflich hindurch.
Heiligen jeden heiligen Tag durch Worte und unser tieferes das flutet wie Liebe Not Wende Fülle auferlegtes teueres Schweigen.
(1978)
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JAHRESWENDE
Ein Jahr überstanden jetzt gilt es zu siegen
Ein Jahrzehnt gebaut jetzt gilt's zu gestalten
Eine Lebenshälfte gesucht jetzt wäre zu leben
Einen Wohlstand Notstand gesammelt Jetzt wäre zu teilen
Und zwischendurch finden ein Ja vielleicht Deines?
(1980)
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ER BELIEBT ZU SCHERZEN
Der Herr Gott erlaubt sich Scherze gelegentlich Arabesken krumme Figuren worin sich bisweilen deutlich Überfluss Laune höhere Zielbestimmtheit erahnen lässt die Inspiration des Genies.
Du und ich in der Zeit und knapp verstehn das vielleicht ganz ohne Groll wenn alles durchzittert ist wie Reifeprüfung aber schütteln uns vor dem tränenreichen Rückblick schon feierabends vor Lachen.
(1980)
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SPRACHE DER TATSACHEN
Gott spricht die Sprache der Tatsachen oft ungereimt und unsere bare Münze ist wie man sagt Blut das heißt Hirnschmalz Nerven Kraft Jugend Glaube und Mut.
(1980)
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ADVENT IN DUNKLEN ZEITEN
Wieder beginnt die Zeit der aufgesetzten Lichter der Schattenverdränger. Herrschaft der Kaufhallenleuchten Weihnachtsmannsdröhnen.
Kalt fallen die Schatten der großen Verdrängerin der verdrängten Angst. Den einen überkommt sie lichterloh den anderen dunkel im Geld- und Waffentausch in den zerbrochnen Geschenken.
Wohl bleibt mir vor den entscheidenden Sonnenwenden und kommenden Wintern ein Wärmelicht das Lagerfeuer bei dir Kampfgefährte gastfreundlich mitflackernd stetig durch hoffnungsgeduckte Zeiten.
(1981)
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NEUJAHRSFRAGEN
An welchem Neujahrstag geh ich fiebernd zum Bahnhof und auf einmal bist du's ?
Wie oft noch narrt mich die Sehnsucht mit Wundern und müde werde ich nicht ?
Wohin werden wir gehen dann ohne wegzulaufen vor all den Tagen - wie erlösen die enttäuschenden und klatschen sie kreischend als Froschkönige an die Wände ?
(1984)
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NEUJAHRSTANZ
Nimm mich an die Hand und tanze mit mir das alte Jahr und das neue
Tanzen wir Götterdämmerung Trennung Trauer das alte Jahr
Lass deinen Körper zeigen die Reifung eines Entschlusses vollführe den großen Umschwung
Und nach der Befreiung lass viel erleben spiel Unternehmungslust die Verzweiflungsdroge spür die tiefkühlgefrorene Hoffnung
Und dann dann tanz mir noch einmal entgegen so unwissend wissend verführerisch wie unnahbar zögernd und schau meine linkischen Schritte zu dir
Verblüfft gewahr ich wie du erwiderst bis wir uns finden der Abschiede müde raum- und grenzenabschaffend einer sich in den Armen des andern zum Tanz in ein ganz neues Jahr.
(1988)
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AM FEST DES LOYOLA
Ein jeder gehorche dem Oberen an Christi Statt wie ein Stock in der Hand eines Greises. (Aus den Regeln des Jesuitenordens)
Wie ein Stock in der Hand des greisen Ignatius bewegt sich die Feder aber unter dem Hauch anderen Geistes. Ungebrochen von Irrfahrten steht der Schiffsmast bis zum Ankerwurf am Festland der Entdeckungen.
Bis an die fernsten Küsten Indiens die frohe Botschaft tragen dass nichts umsonst war dass selbst Missionare alleinseligmachender Illusionen dabei sind sich zu bekehren von Brandstiftung und Betrug um sich selbst an Geistesfunken zu wärmen.
Omnia ad majorem Dei gloriam. Es ist immer noch Zeit genug sub specie aeternitatis. Sanft speist Ewigkeit jeden Augenblick neu wie den frischen Morgen jetzt. Unverbraucht sprudelt Seelenkraft aus bemoosten Becken gelassen in überströmende Becken.
Roma, Via degli Scipioni, 31.7.1989
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DER FUCHS VOR WEIHNACHTEN
„Die Füchse haben Höhlen, die Vögel des Himmels Nester, des Menschen Sohn aber hat nichts, wohin er sein Haupt legen könnte." (Lukas 9, 58)
Die Füchse haben ihre Höhlen der Menschensohn aber hat nichts wohin. Aber wo mein Herr wo leben sie und wie lange und wo sieht man sie noch?
Dich seh ich in allen christlichen Stuben Klassenräumen Regierungspalästen wenngleich nie lebendig. Du überlebtest heißt es deine wohlsituierten Mörder samt allen Füchsen -
wenngleich du selten erscheinst Herr Jesus wo immer bei wem auch immer aber selten bei mir seltener noch als der Fuchs huscht uns den Bach entlang für seine Weihnachtsgans.
(1989)
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WEIHNACHTLICHER GAST
Mein Höheres Selbst spazieren führen aufrecht und horchend bewegt. Das ist die Haltung der Atem worin mir wohl wird Endzweck der Geist-Seele-Körper-Gymnastik der Weg-Wahrheit-Lebens-Rhetorik ist Weihnachten Ostern und Pfingsten zugleich und Vergessen des ganzen Ego-Heilsbetriebes ohne irgendwas zu vergessen.
Komm du weihnachtlicher Gast! Lass es dir wohl sein in meinem wandelnden Haus und lass dich nicht scheuchen sollte das Ich dich bemerken.
(1989)
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FRONLEICHNAM
Die Monstranz hochhaltend zwischen die Häuser gehen: da stand vor vierzig Jahren das Korn meinen staunenden Kinderkopf überragend und das von Gesängen ergriffene Herz. Kopf und Herz hörten göttlichen Lichtklang fließen in unsere Welt gewahrten den größeren Leib des Herrn.
Heute trag ich die Goldmonstranz meines Höheren Selbst allein in die ernüchterte Landschaft Mühen Trauer Sorgen verlorener Jahre schweigen im Jugendgedenken erinnernd das Alterslose: Das fließt nicht minder heute in diese Erde geschundene Landschaft aufzuforsten Dein Reich komme doch noch und nunmehr bald!
(1991)
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WEIHNACHTEN WIE NIE
Lasst es gut sein
mit dem Eiabubeitschi
vom Kind im Stall.
Der Christus ist Mann geworden
und die Welt in der Halbstarkenkrise
wie nie.
Er steht vor den Toren wie nie
und mit der Hoffnung steht's
allem Anschein und Ächzen zum Trotz
gut wie nie.
Lasst es gut sein
und öffnet ihm
dieses Weihnachten noch
wie zuvor nie.
(1996)
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SCHICKSALSGETRAGEN
„Es ist ein Gott in uns, der lenkt, wie Wasserbäche, das Schicksal, und alle Dinge sind sein Element.“ (F. Hölderlin, Hyperion)
Beim frühen Sonntagslicht durch die fremde Stadt ziehen frühstücken den Reichtum alter wie jüngster Fassaden auferstehend aus Ruinen.
Junge Aufgeweckte bewundern und unwillkürlich grüßen wie ich sie unversehens an eine Berühmtheit erinnre.
Keine Komplexe dann spüren nicht die alte Ungerechtigkeitstrauer nur noch Dank fühlen aber richtig fühlen alles Getragensein von einem unergründlichen irgendwie gründlichen Schicksal.
(2011)
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