Anfang 2013 erschien eine neue Sammlung der Gedichte von J.H. in Buchform, in der Lyrik-Reihe des Leipziger araki-Verlages, unter dem Titel "Sprache spricht mir. Die Summa poetica des Philosophen Johannes Heinrichs", Preis 15,- €. Noch beziehbar über Booklooker (auch antiquarisch).
Auf dem Einband ist ein Gemälde von Heinz Heinrichs, einem von dreien im 2. Weltkrieg gefallenen Onkeln von Johannes Heinrichs, zu sehen. Heinz Heinrichs hat das Bild als etwa 22-Jähriger gemalt, nicht lange vor seinem Tod mit 23 Jahren, am 21. Februar 1944, an der Ostfront, unweit von Stalingrad. Das Bild mit dem "Zigeuner"-Motiv ist ein Akt stillen Protestes gegen den Rassismus der Nazis und zugleich das Dokument eines der Millionen unfreiwilligen Soldatentode für das Regime - und darüber hinaus Dokument der zahlreichen Tode junger, viel versprechender Künstler.
Ihm liegt dieses als Volkslied bekannte Gedicht von Nikolaus Lenau "Die Drei Zigeuner" zugrunde:
Die drei Zigeuner
Drei Zigeuner fand ich einmal
Liegen an einer Weide,
Als mein Fuhrwerk mit müder Qual
Schlich durch sandige Heide.
Hielt der eine für sich allein
In den Händen die Fiedel,
Spielte, umglüht vom Abendschein,
Sich ein feuriges Liedel.
Hielt der zweite die Pfeif im Mund,
Blickte nach seinem Rauche,
Froh, als ob er vom Erdenrund
Nichts zum Glücke mehr brauche.
Und der dritte behaglich schlief,
Und sein Zimbal am Baum hing,
Über die Saiten der Windhauch lief,
Über sein Herz ein Traum ging.
An den Kleidern trugen die drei
Löcher und bunte Flicken,
Aber sie boten trotzig frei
Spott den Erdengeschicken.
Dreifach haben sie mir gezeigt,
Wenn das Leben uns nachtet,
Wie man's verraucht, verschläft, vergeigt
Und es dreimal verachtet.
Nach den Zigeunern lange noch schaun
Musst ich im Weiterfahren,
Nach den Gesichtern dunkelbraun,
Den schwarzlockigen Haaren.

Drei Zigeuner - Gemälde von Heinz Heinrichs (1944)
Nachdichtung von Johannes Heinrichs
Hier die aktualisierende "Nachdichtung" von Johannes Heinrichs, die eine lyrische Interpretation des Bildes darstellt:
DREI ZIGEUNER FAND ICH EINMAL
Drei Zigeuner
denen das Leben auch nachtet
nicht weil die Geige nicht klänge
nicht weil die Pfeife nicht schmeckte
nicht weil der Schlaf der Traum nicht behagte
Spotten sie der menschengemachten Geschicke
spotten die Machtverachtung verachtend
der Umnachtung gerechten Lebens
vergeigen verpennen verkiffen sie ihr vergeigtes Leben
trotzen sie den fletschenden Ungeheuern aus Gier
Seht diese geifernden Kiefernmäuler
zahnlose Ober- und oder Unterkiefer
über den Köpfen der Ahnungsvollen
und wie eine gewaltige Bestie
alles zermalmend rast übers Land
umglüht vom Abendland-Schein
Seht sie - entdeckt doch die Ungeheuer
im grauen Himmelsnegativ der Idylle
seht die Inter- und Nationalismen
für die auch die Unsern verbluteten
unsere Mehrheitsangehörigen auch wie unser Heinz
was er mit seinem noch heißen Blut malte
Bis heute aber blind für Baumkronenzeichen
schlafen genießen tanzen die Anderen anders
die gelehrten frommen mächtigen
Ehrgeizlinge Mitläufer Profiteure
denen das Leben nie nachtet
Geh unter schöne Sonne im schönen Schein
von Demokratie und Diskursgeschwätz
dem Fuhrwerk müder Qual in trockener Heide
sinke ins Blutbad dieser verdurstenden Erde
Wir warten auf deinen ganz neuen Aufgang
Nach den Gesichtern lange noch schaun
muss ich im Weiterfahren
im Weiterfahren
im weitern Erfahren
(Juni 2012)
Die folgende Gedichtsammlung in 6 Themenkreisen entspricht weitgehend dem Inhalt der oben genannten Buchausgabe. Innerhalb der Themenkreise wird eine chronologische Reihenfolge eingehalten, so dass literarisch Interessierte die Entwicklung des Stils beobachten können.
Gedichtsammlung
Bibliographie früherer literarischer Veröffentlichungen
- Dialog fürs Ohr. Gedichte (25 Gedichte) Edition Ilex Konzept, Hg. Berndt Mosblech, Duisburg 1980
- Auferstehung des Ungesagten. Ein Jahreskreis in Gedichten (40 Gedichte) Helikon Verlag Krefeld 1980
- Hörbares Denken und Erleben. Wie ich (meine) Lyrik sehe (Essay), ebenda, 1–8
- «Schlüsselbilder». Betrachtungen zu Hermann James Schmitz Materialbilder, in: Katalog zur Ausstellung der Evangelischen Studentengemeinde Duisburg 1979
- «So leben wir und nehmen immer Abschied». Acht Gedichte in: Niederrhein-Autoren (Anthologie), Mercator Verlag Duisburg 1981
- Drei Gedichte in: Gesichts-Punkte. Literatur in Duisburg, Hg. Aletta Eßer, Sigrid Kruse, Berndt Mosblech, Gilles & Franke Verlag 1982
- «Unsicher aus den Siebziger Jahren», fünf Gedichte in: Die Kribbe. Rheinische Vierteljahresschrift für Literatur, Kunst und Wissenschaft, Hg. Ludwig Verbeek, Bonn 1/1982
- Neun Gedichte in: Wahrnehmungen, Hg. Marianne Junghans (Herbst 1986)
- Wer allein ist, ist auch im Geheimnis (Essay), in: Lieber allein? Im Sog der Single-Gesellschaft, hg. von Norbert Copray, Reihe "Zeit&Geist", Kösel-Verlag, München 1991, 56-63
- Die Liebe buchstabieren. Das große ABC für Erlebnis-und Denkfreudige, 291 S., Deutscher Studienverlag Weinheim 1994 (Dieses derzeit vergriffene Buch enthält mehr als 50 Gedichte zum Thema "Liebe" von Johannes Heinrichs.)